Mit den Streichtrios von Paul Hindemith und Arnold Schoenberg präsentiert das Trio Zimmermann drei Meisterwerke der Moderne, die 1924, 1933 und 1946 entstanden sind. In ihrer komplexen Polyphonie fordert diese Kammermusik beim Zuhören allerdings höchste geistige Aufmerksamkeit.

Trio Zimmermann: „Hindemith – Schoenberg“
Frank Peter Zimmermann, Violine
Antoine Tamestit, Viola
Christian Poltéra, Violoncello
BIS 2207

Raserei
„Tonschönheit ist Nebensache“ hatte Paul Hindemith Anfang der 1920er Jahre erklärt, „rasend und wild“ sollte seine Musik sein. Mit durchaus schönem Ton kultiviert das vorzügliche „Trio Zimmermann“ die rebellische Absicht des „Bürgerschrecks“ und führt Hindemiths moderne Polyphonie klanglich und spieltechnisch vollendet aus. Besonders der Schlusssatz des ersten Trios – komponiert 1924 und von Hindemith damals mit seinem eigenem Ensemble aufgeführt – zeigt als komplexe Fuge, zu welchen klanglichen Höhenflügen das herausragende Ensemble fähig ist.
Exponierte Stimmen
Für den Cellisten im Trio Zimmermann, Christian Poltéra, besteht die grosse Herausforderung in diesen modernen Trios in der „Exponiertheit jeder einzelnen Stimme“, die im Trio op. 45 von Arnold Schönberg auf die Spitze getrieben ist:
„Intonation, Balance, Vermischung bzw. Angleichung der drei Instrumente in punkto Phrasierung, Vibrato etc. müssen aufwendigst erarbeitet werden. Gerade bei Schönberg muss ein Grossteil der Arbeit gemeinsam geschehen. Die klanglich teils extremen Effekte erfordern gemeinsames Experimentieren.“

Nahtod
Das Trio op. 45 von Arnold Schoenberg – der im amerikanischen Exil die Schreibweise seines Nachnamens geändert hat – ist als eine Art zwölftönige Programmmusik zu verstehen: Hintergrund der Komposition ist das Nahtod-Erlebnis des Komponisten im August 1946, der nach einem Herzinfarkt nur durch eine Adrenalin-Injektion wieder in das Leben zurückgeholt werden konnte.
Herausforderung
In der mit höchster Einfühlung vorgetragenen Musik lassen die Interpreten den Schmerz, die Beklemmung und die Todesangst hörbar werden, obwohl das Werk, wie Schoenberg einst gegenüber Thomas Mann angemerkt hat, „äußerst schwierig, ja fast unmöglich“ zu spielen sei. Tatsächlich würde Schoenbergs kompositorische Komplexität die Musiker des Trios in extremer Weise herausfordern, meint Christian Poltéra:
„Bei der ersten Schönberg-Probe können auch drei vorbereitete Musiker nicht mal zwanzig Takte am Stück spielen.“
Schroffe Klänge
Die beiden Trios von Hindemith seien „konventioneller zu erarbeiten“, meint Poltéra:
„Dort haben wir versucht, eine Balance zwischen kompromisslosem Ausdruck – bis hin zur groben Schroffheit – und Hindemiths eigener Schönheit, gerade auch harmonisch, zu finden.
Stradivari
So wie die Instrumente von Zimmermann und Tamestit wurde auch das „Mara“-Cello, das Christian Poltéra spielt, in Stradivaris Werkstatt in Cremona angefertigt. Poltéra hat mit dem Instrument in den letzten Jahren an vielen CD-Produktionen mitgewirkt und sich dabei eine Spitzenstellung unter den europäischen Cellisten erarbeitet. Mitverantwortlich dafür ist auch das Instrument, das den 1977 in Zürich geborenen Cellisten aber immer wieder mit einer gewissen „Eigenwilligkeit“ überrascht:

„Das Mara-Cello verfügt über eine einzigartige helle Klarheit im Klang. Aber es will nicht forciert werden, diktiert einem oft die Klangfarbe – sich darauf einzulassen ist faszinierend !“

Trio Zimmermann: „Hindemith – Schoenberg“
Frank Peter Zimmermann, Violine
Antoine Tamestit, Viola
Christian Poltéra, Violoncello
BIS 2207
Tracks:
Paul Hindemith | ||||||
Streichtrio Nr. 1, Op. 34 (1924) |
19’15 | |||||
01 | I. Toccata. Schnelle Halbe | 4’51 | ||||
02 | II. Langsam und mit grosser Ruhe | 6’07 | ||||
03 | III. Mässig schnelle Viertel | 1’36 | ||||
04 | IV. Fuge. | 6’35 | ||||
Streichtrio Nr. 2 (1933) | 21’40 | |||||
05 | I. Mässig schnell | 7’35 | ||||
06 | II. Lebhaft | 6’06 | ||||
07 | III. Langsam | 7’53 | ||||
Arnold Schoenberg | ||||||
Streichtrio Op.45 (1946) | 18’01 | |||||
08 | Part 1 | 1’50 | ||||
09 | 1st Episode | 5’17 | ||||
10 | Part 2 | 3’10 | ||||
11 | 2nd Episode | 2’32 | ||||
12 | Part 3 | 5’12 | ||||
