Mit berührender Intensität und im vollendeten Zusammenspiel mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin interpretiert Franziska Pietsch die beiden Violinkonzerte von Sergei Prokofiev.

Prokofiev Violinkonzerte Franziska Pietsch, Violine
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Cristian Macelaru, Leitung
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Emigration und Heimweh
Die Konzerte von Sergei Prokofiev sind 1917 und 1935 entstanden. Kurz nach der Vollendung des ersten Konzertes hat der Komponist Russland verlassen, einige Zeit nach der Uraufführung des zweiten Werkes ist er nach langem Exil in sein Heimatland zurückgekehrt – wo ihn Stalin mit dem staatlich verordneten Konzept der „neuen Einfachheit“ zeitlebens drangsaliert hat. Im März 1953 sterben Komponist und Diktator am gleichen Tag – Ironie des Schicksals.
Lebenserfahrung

Franziska Pietsch spielt die Konzerte ohne süsslichen, sondern mit bewusst rauem Ton, der für eine enorme Expressivität sorgt. Zweifellos kommt darin auch die besondere Lebenserfahrung der Geigerin zum Ausdruck. Denn mehr als rau sind manche Einzelheiten in der Biografie der 1969 in Halle/Saale geborenen Solistin: als Wunderkind in jungen Jahren auf den Bühnen der DDR erfolgreich, wird Pietsch nach der sogenannten „Republikflucht“ ihres Vaters 1984 vom System fallengelassen, verliert ihren herausgehobenen Status und büßt auch den Studienplatz als hochbegabte Jungstudentin ein. Zwei Jahre später kann sie mit ihrer Mutter in den Westen ausreisen und den Neuanfang beginnen. Über viele Stationen hat sich Franziska Pietsch bis heute einen verdienten Spitzenplatz unter den deutschen Geigerinnen erarbeitet.
Zusammenspiel

Foto: audite
Wer die in Köln lebende Geigerin bei den Aufnahmen für dieses Album in der Berliner Jesus-Christus-Kirche erlebt hat, ist von der überragenden Qualität dieser CD nicht überrascht. Mit höchster Konzentration gestaltet die Solistin den künstlerischen Austausch mit dem Orchester, hat dabei durchgängig das Ziel einer perfekten Interpretation im Blick. Der Dirigent Cristian Macelaru – selbst ein exzellenter Geiger – leitet das DSO souverän und arbeitet mit dem hervorragenden Rundfunkorchester durchaus überraschende Nuancen im Orchesterklang heraus, etwa die prächtigen Horn-Stimmen, die sich immer wieder mit dem Klang der Sologeige vereinigen.
Raumklang
Die Aufnahme präsentiert zwei Meisterwerke der Moderne in einem lebendigen Raumklang, in dem jedes einzelne Instrument differenziert wahrgenommen werden kann. Über allem schwebt dabei die Magie einer mit äusserster Hingabe gespielten Solo-Violine.
Unter den verschiedenen Neueinspielungen der Prokofiev-Konzerte gehört diese Aufnahme in der Rangfolge zweifellos nach ganz oben.
