Der spanische Geiger Francisco Fullana stellt auf seiner CD Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ in den Mittelpunkt – allerdings als Werk des 21. Jahrhunderts, re-komponiert von Max Richter.

„Through the lens of Time“
Francisco Fullana, Violine
City of Birmingham Symphony Orchestra, Ltg. Carlos Izcaray
David Fung, Klavier
Orchid ORC 100080

Max Richters „Four Seasons Recomposed“ ist das ideale Werk für Francisco Fullanas Zeitreise. Das musikalische Ausgangsmaterial dieser vier Violinkonzerte entstammt unverkennbar dem barocken Zeitalter, die hinzugefügte elektronische Klangwelt aber ist nur im 21. Jahrhundert denkbar. Vor zwei Jahren wurde Richters Vivaldi-Adaption vom Geiger Daniel Hope zum ersten Mal aufgenommen. Bei der Anordnung der vier Konzerte hat der junge spanische Geiger Francisco Fullana jetzt allerdings eine eigene Variante gewählt.
Francisco Fullana
Der 1990 in Palma de Mallorca geborene Francisco Fullana wurde an der Julliard School ausgebildet und hat 2016 in der New Yorker Carnegie Hall sein Debüt gegeben – ein exzellenter Geiger, der sich auch intellektuell in sein Repertoire vertieft und im Beiheft lesenswerte Anmerkungen zur Musik mitliefert. Sein Instrument ist eine Guarneri del Gesù aus dem Jahr 1735.
Barock und Moderne
Fullanas tiefes musikalisches Verständnis wird auch im Programmkonzept des Albums deutlich: zwischen jede Jahreszeit – Frühling, Sommer, Herbst und Winter – in Richters charmanter Vivaldi-Anverwandlung, hat Francisco Fullana je ein schwergewichtiges Werk eines zeitgenössischen Komponisten gesetzt: Isang Yuns „Königliches Thema für Solovioline“, Alfred Schnittkes „Suite im alten Stil“ und Salvator Brotons „Variationen über ein Barockthema für Solovioline“.
Kontraste
In dieser spannenden und kontrastreichen Anordnung werden die unterschiedlichen Wege der Komponisten bei ihrer jeweiligen Auseinandersetzung mit dem Barock deutlich: Isang Yun etwa verwandelt das Thema aus Johann Sebastian Bachs sechsstimmigem Ricercar aus dem „Musikalischen Opfer“ in ein avantgardistisches Geigensolo, während Alfred Schnittke in seiner Suite alle Register des modernen polyphonen Komponierens zieht.
Brennglas der Zeit
Mit diesem abwechslungsreichen Programm erreicht Francisco Fullana sein Ziel, durch ein „Brennglas der Zeit“ in die musikalische Vergangenheit und Zukunft gleichermaßen zu blicken.
